16.09.2024

Tarifkollision und die Beteiligung des Betriebsrats

BAG, Beschl. v. 30.04.2024 – 1 ABR 10/23

 

 

In der Praxis schließen Arbeitgeber(-verbände) mit Gewerkschaften Tarifverträge ab, um für alle Gewerkschaftsmitglieder im Betrieb einheitliche Regelungen zu vereinbaren. Aufgrund der Bildung von Gewerkschaften der „Schlüsselpositionen“, kommt es immer häufiger vor, dass in einem Betrieb die Arbeitnehmer bei unterschiedlichen Gewerkschaften Mitglieder sind.

Die Folge wäre, dass zwei unterschiedliche Tarifverträge im Betrieb gelten würden (Tarifkollision). Da dies grundsätzlich dem Sinn und Zweck von Tarifverträgen zuwiderläuft, hat der Gesetzgeber die Regelung des § 4a Abs. 2 S. 2 Tarifvertragsgesetz (TVG) aufgestellt. Soweit die Inhalte der Tarifverträge kollidieren, gilt nur der Tarifvertrag derjenigen Gewerkschaft, die im Betrieb die meisten Mitglieder hat. Maßgeblicher Zeitpunkt ist stets (jeder neue) schriftliche Abschuss eines kollidierenden Tarifvertrags.

Im Sachverhalt des o.g. BAG-Beschlusses, beantragte der Betriebsrat Auskunft über die Mehrheitsverhältnisse der Belegschaft bezüglich der Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft. Der Betriebsrat begründet den Antrag damit, dass sie die Informationen benötige, um den Arbeitnehmer Auskünfte zur Anwendung von Tarifverträgen zu erteilen und weitere Aufgaben aus § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG zu erfüllen.

Das BAG lehnte den Auskunftsanspruch für den Betriebsrat aus mehreren Gründen ab. Zum einen zählt die Überwachung der Mehrheitsverhältnisse nach § 4a Abs. 2 S. 2 TVG nicht zu den Aufgaben des Betriebsrats (vgl. § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG). Zudem sei der Zeitpunkt der Stellung des Antrags irrelevant. Hier lief nämlich ein Tarifvertrag ohne Nachwirkung aus und es wurde kein neuer kollidierender Tarifvertrag abgeschlossen. Es komme eben nicht auf das Datum an, zu dem der Tarifvertrag (ggf. rückwirkend) in Kraft tritt, sondern das Datum des schriftlichen Abschlusses.

In dem Zusammenhang betonte das BAG, dass der Betriebsrat seine Überwachungsaufgabe nur auf gegenwärtige und künftige Sachverhalte erstrecken kann. Damit konnte sich ein Auskunftsanspruch auch nicht aus einer möglichen Mitbeurteilung nach § 99 BetrVG ergeben.

Folge des Beschlusses war es, dass das Mehrheitsverhältnis anhand objektiver Umstände zu bestimmen war, ohne dass der Betriebsrat daran zu beteiligen ist. Nur eine Gewerkschaft hatte im streitigen Sachverhalt zur Ermittlung der Mehrheitsgewerkschaft an einem notariellen Verfahren teilgenommen, sodass auch deren Tarifvertrag zur Anwendung kam.

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