BAG, Urt. v. 03.07.2024 – 10 AZR 171/23
In Arbeitsverträgen kann sehr viel unterschiedliches vereinbart werden (Vertragsfreiheit). Diese Vertragsfreiheit ist im Arbeitsrecht aufgrund des Machtgefälles zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer durch zwingend geltendes Recht eingeschränkt (es ist bspw. der Mindestlohn oder die maximale Arbeitszeit zu nennen). Einzelne Vereinbarungen im Arbeitsvertrag die grundsätzlich gegen kein zwingendes Recht verstoßen, werden allerdings unter den Gesichtspunkt der unangemessenen Benachteiligung des Arbeitnehmers überprüft (§§ 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2; 310 Abs. 4 S. 2 BGB).
Regelmäßig enthalten Arbeitsverträge sog. Zielvereinbarungsklauseln in Bezug auf das Erreichen einer Tantieme oder anderen variablen Vergütungen. Soweit der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer keine Ziele vereinbaren können (wegen Scheitern der Verhandlungen), wird dann zusätzlich - allerdings nur hilfsweise - die Zielvorgabeklausel hinzugefügt. Letzteres ermöglicht dem Arbeitgeber einseitig die Ziele nach billigem Ermessen zu bestimmen.
Bei solchen Zielvereinbarungsklauseln muss zwingend die Rangfolge eingehalten werden, dass erst nach dem tatsächlichen Scheitern von Verhandlungen auf die einseitige Vorgabe der Ziele von Seiten des Arbeitgebers zurückgegriffen werden kann.
Der BGH sah im o.g. Urteil eine schuldhafte Pflichtverletzung des Arbeitgebers darin, dass der Arbeitgeber seine Zielvorgaben im Rahmen seiner Verhandlung zu den Zielen mit seinem Arbeitnehmer nicht zur Disposition stellte. Gerade die Kerninhalte der vorgeschlagenen Ziele müssen für den Arbeitnehmer verhandelbar sein. Bekomme der Arbeitnehmer allerdings keine Gestaltungsfreiheit, läuft dies der vereinbarten Zweckvereinbarungsklausel zuwider.
Die dann erfolgte einseitige Bestimmung der Ziele verstoße weiter gegen die vereinbarte Rangfolge zwischen Zweckvereinbarung und Zweckvorgabe der Ziele. Sonst könnte der Arbeitgeber stets die Verhandlungen über die Zielvereinbarung abbrechen oder verweigern und die vereinbarte Klausel umgehen.
Aus diesem Grund konnte der Kläger seine vertraglich vereinbarte Tantieme (97.000€) geltend machen, da er darlegen konnte, dass er grundsätzlich die vereinbarten Ziele erreicht hätte.
Der BGH stellt zu Recht hohe Anforderungen an die Pflicht des Arbeitgebers zur Verhandlung über eine Zielvereinbarung.
Aus diesem Grund sind Arbeitgeber dazu angehalten nur noch allein auf eine Zielvorgabeklausel zu setzten im Arbeitsvertrag.
Bei Verwendung der Klausel könne auf Arbeitnehmerseite Ansprüche auf die vereinbarte Tantieme bestehen, wenn der Arbeitgeber willkürlich Ziele vorgeben hat, ohne vorher tatsächlich in Verhandlungen über diese zu treten.
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