
ArbG Heilbronn, Urt. v. 18.01.2024 - 8 Ca 191/ 23
Insbesondere in der Arbeitswelt findet das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) Anwendung. Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen (§ 1 AGG). Soweit eine Benachteiligung vorliegt, kann der betroffene eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen (§ 15 Abs. 2 AGG).
Das Arbeitsgericht musste sich mit der Frage beschäftigen, ob eine Benachteiligung wegen des Alters vorliegt, wenn in der Stellenanzeige die Wörter „digital Native“ verwendet werden. Es bewarb sich nämlich ein 52- jähriger Diplomwirtschaftsjurist, auf eine ausgeschriebene Stelle als „Manager Corporate Communication“, von einem internationalen Sportartikelhändler. Die Stellenanzeige enthielt die Formulierung „Als Digital Native fühlst Du Dich in der Welt der Social Media, der datengetriebenen PR, des Bewegtbilds … zu Hause.“ Nach der Absage machte der Kläger eine Entschädigung wegen Altersdiskriminierung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) geltend.
Das Arbeitsgericht Heilbronn stellte fest, dass die Formulierung „Digital Native“ in der Stellenanzeige ein Indiz für eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Alters darstellt (§ 3 Abs. 1 AGG). Der Begriff wird im allgemeinen Sprachgebrauch für Personen verwendet, die mit digitalen Technologien aufgewachsen sind, was impliziert, dass bevorzugt jüngere Bewerber angesprochen werden. Dadurch wurde der Kläger als älterer Bewerber benachteiligt.
Nach § 22 AGG gilt eine Beweislastumkehr: Sobald Indizien für eine Benachteiligung vorliegen, muss der Arbeitgeber beweisen, dass keine Diskriminierung stattgefunden hat. Die Beklagte konnte diesen Nachweis nicht erbringen. Ihr Argument, dass der Kläger überqualifiziert sei und eine zu hohe Gehaltsvorstellung habe, überzeugte das Gericht nicht, da es keine konkreten Belege für die Auswahlkriterien gab. Zudem wurde der Gehaltsrahmen in der Stellenausschreibung nicht genannt.
Auch der Einwand der Beklagten, dass der Kläger kein ernsthaftes Interesse an der Stelle gehabt habe, wurde zurückgewiesen. Ein solcher Rechtsmissbrauch wäre nur dann gegeben, wenn sich der Kläger nachweislich nur beworben hätte, um eine Entschädigung zu erstreiten. Dafür gab es jedoch keine ausreichenden Hinweise.
Das Gericht sah daher eine Altersdiskriminierung als erwiesen an und sprach dem Kläger eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG zu. Dabei hielt es 1,5 Bruttomonatsgehälter (7.500 EUR) für angemessen, um einen tatsächlichen und wirksamen Schutz vor Diskriminierung sicherzustellen. Die Höhe der Entschädigung wurde unter Berücksichtigung der Umstände des Falls festgelegt, insbesondere der Schwere der Benachteiligung und der abschreckenden Wirkung der Sanktion.
Das der Arbeitgeber nach einer Stellenausschreibung zur Kasse gebeten wird, ist seit der Einführung des AGG keine Seltenheit. Bereits die bloße Wortwahl in einer Stellenausschreibung kann bedeutend sein. Lassen Sie von Rechtsanwalt Freier (Fachanwalt für Arbeitsrecht) umfangreich beraten, um Diskriminierungsklagen zu vermeiden.