LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 20.02.24 – 2 Sa 92/23
Wahrscheinlich kommt die Situation jedem bekannt vor: Man hat ein paar Tage frei von der Arbeit und hat sich für die Zeit einiges vorgenommen. Ob es der Tagesausflug zum Shoppen ist oder die liegengebliebene Arbeit in den eigenen vier Wänden zu beseitigen. Doch dazu kommt es nicht, weil man direkt am ersten Tag krank wird.
Wie verhält es sich rechtlich, wenn man während des Urlaubs krank wird? Gibt es einen Unterschied, wenn man nicht aufgrund des beantragten Erholungsurlaubs, sondern wegen des Überstundenabbaus von der Arbeitsverpflichtung freigestellt ist?
Genau mit diesen Fragen musste sich das LAG Mecklenburg-Vorpommern im oben genannten Urteil beschäftigen. In dem Rechtsstreit streiten die Parteien über Überstundenvergütung und Urlaubsabgeltung. Nach arbeitnehmerseitiger Kündigung wurde der Arbeitnehmer unter Anrechnung von Urlaub und Überstunden von der Arbeit freigestellt. Für den gesamten Zeitraum reichte der Arbeitnehmer eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ein und verlangt mit der Klage die Urlaubsabgeltung und Überstundenvergütung ausgezahlt.
Sowohl die Arbeitsunfähigkeit infolge von Krankheit (§ 3 EGFZG) als auch der Erholungsurlaub (§ 1 BUrlG) bilden Fälle, in denen der Arbeitnehmer von seiner Arbeitspflicht befreit ist, aber den Anspruch auf Zahlung der Arbeitsvergütung nicht verliert. Wenn beide Fälle aufeinandertreffen, heißt der Arbeitnehmer wird während des Erholungsurlaubs krank, regelt § 9 BUrlG, dass die Arbeitsunfähigkeit vorrangig gilt. Dies bedeutet, dass die nachgewiesenen Tage der Arbeitsunfähigkeit nicht auf den Urlaub angerechnet werden.
Im oben genannten Urteil konnte sich der Kläger nicht auf § 9 BUrlG berufen, weil der Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erschüttert war – vgl hierzu den Beitrag vom 22.07.2024 „Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bis zur Kündigungsfrist“.
Der Arbeitgeber kann aufgrund seines Direktionsrechts geleistete Überstunden durch bezahlte Freizeit ausgleichen. Bei dieser Form des Abbauens von Überstunden spricht man auch vom Arbeitszeitausgleich. Der Anspruch des Arbeitszeitausgleichs wird erfüllt, wenn der Arbeitnehmer von der Arbeitspflicht befreit wird und für die vereinbarte Zeit seine Vergütung erhält. Für die gewährte Freizeit trägt der Arbeitnehmer das Risiko, den Arbeitszeitausgleich aufgrund von Erkrankung nicht wie gewünscht nutzen zu können. Insbesondere kann kein Rückgriff auf § 9 BUrlG genommen werden, weil die gewährte Freizeit als normale Arbeitszeit zu qualifizieren ist.
Damit gilt für eine Erkrankung während der Zeit gewährten Freizeit um Überstunden abzubauen etwas anderes. Trotz einer Erkrankung werden vorher vereinbarten Überstunden abgebaut.
In Ihrem Arbeitsverhältnis bestehen rechtliche Problematiken wie diese? Dann lassen Sie sich individuell von Rechtsanwalt Freier (Fachanwalt für Arbeitsrecht) beraten. Rufen Sie uns direkt an und vereinbaren ein Termin!