Zahlt der Arbeitgeber den vereinbarten Lohn nicht, so gehen zurecht bei den meisten Arbeitnehmern die Alarmglocken an, denn schließlich sind regelmäßig die Miete, das Auto, Versicherungen und sonstige laufende Kosten zu bezahlen. Wichtig ist es, in einer solchen Situation richtig zu handeln, um eigene Rechte so gut wie möglich abzusichern. Die Gründe dafür, dass der Arbeitgeber vielleicht nicht pünktlich oder überhaupt nicht zahlt, können sehr unterschiedlicher Natur sein. Genauso wichtig ist es daher auch, die konkrete Situation zu beurteilen und dann richtig zu handeln.
1. Wahrung von Ausschlussfristen
Um die eigenen Ansprüche zu wahren, muss zunächst einmal geprüft werden, innerhalb welcher Fristen man reagieren muss. In Arbeitsverträgen können sogenannte Ausschlussfristen vereinbart werden. Ausschlussfristen können z. B. aber auch in Tarifverträgen aufgeführt sein.
Für den Arbeitnehmer ist es daher von besonderer Bedeutung zunächst einmal zu prüfen, ob auf sein Arbeitsverhältnis entsprechende Ausschlussfristen Anwendung finden. Der Inhalt einer solchen Ausschlussfrist besteht regelmäßig darin, dass zwischen den Vertragsparteien, das heißt dem Arbeitnehmer und dem Arbeitgeber, eine Vereinbarung getroffen wird, wonach Ansprüche gegen den jeweils anderen regelmäßig nur binnen einer sehr kurzen Frist geltend gemacht werden können. Hält man diese Frist nicht ein, so sind die Ansprüche untergegangen. Dies kann auch Lohnansprüche betreffen und da Ausschlussfristen regelmäßig nur einige Monate oder Wochen betragen, muss man hier sehr genau prüfen und ggf. schnell handeln.
Ob eine Ausschlussfrist in einem Arbeitsvertrag enthalten ist, ist regelmäßig sehr einfach festzustellen, indem man den Arbeitsvertrag einfach aufmerksam liest. Ob ggf. eine Ausschlussfrist in einem Tarifvertrag enthalten ist und ob der Tarifvertrag zunächst einmal überhaupt einmal Anwendung findet, ist eine ganz andere Sache.
Informationen dazu, wie ein Tarifvertrag zwischen Arbeitsvertragsparteien vereinbart werden kann und/oder ob ein Tarifvertrag gilt, finden Sie hier:
https://www.arbeitsrecht-hagen.de/Arbeitsrecht/Tarifvertrag/index.html
Sollten Sie weitere Informationen zum Thema Ausschlussfristen benötigen, so finden Sie hierzu unter dem folgenden Link weitere Informationen:
https://www.arbeitsrecht-hagen.de/Arbeitsrecht/Verfallklausel/index.html
Je nachdem, was für eine Ausschlussfrist vereinbart ist, kann es erforderlich sein, entweder sehr kurzfristig den Anspruch schriftlich gegenüber dem Arbeitgeber geltend zu machen oder aber je nachdem, wie der Arbeitgeber reagiert, ggf. auch Klage einzureichen.
2. Abmahnung bzgl. der offenen Lohn- bzw. Gehaltszahlungen
Eine Handlungsalternative besteht für den Arbeitnehmer aber immer, und hierzu kann man dem Arbeitnehmer auch nur raten. Man kann dem Arbeitnehmer nur dazu raten, den Arbeitgeber anzuschreiben und ihn aufzufordern, die offenstehenden Löhne kurzfristig unter Nennung einer konkreten Frist (ggf. zehn Tage) zu zahlen.
Verknüpfen kann man eine solche Abmahnung bzw. Zahlungserinnerung an den Arbeitgeber auch damit, dass man ihm androht für den Fall, dass er sich weiter weigert die Löhne zu zahlen oder schlicht und ergreifend nicht in der Lage ist, den Lohn zu zahlen, man seine Arbeitskraft zurückbehält (Zurückbehaltungsrecht).
Wichtig hierbei ist, dass das Schreiben so deutlich wie möglich dem Arbeitgeber gegenüber klarmacht, was man von ihm will. Man sollte hier ganz genau aufführen, welcher Bruttobetrag vom Arbeitgeber zur Zahlung gefordert wird.
3. Gehaltsabsenkung und Gehaltsverzicht
In manchen Situationen kommt der Arbeitgeber auf seine Mitarbeiter zu und bittet diese aufgrund besonderer Umstände darum, einer Gehaltsabsenkung oder einem Gehaltsverzicht zuzustimmen. Bei einer Gehaltsabsenkung, dass das Gehalt dauerhaft oder für einen überschaubaren Zeitraum reduziert wird.
Das heißt, die Gehaltsabsenkung ist regelmäßig eine Vereinbarung über den in Zukunft zu zahlenden Lohn. Von einem Gehaltsverzicht spricht man regelmäßig, wenn ein bestimmtes Gehalt für den Arbeitnehmer bereits verdient ist, dieser dann allerdings nachträglich auf die Auszahlung des Gehaltes verzichtet.
Problematisch an einer solchen Vereinbarung ist zum einen nicht nur, dass der Arbeitnehmer weniger Geld zur Verfügung hat, sondern auch, dass so eine Gehaltsabsenkung bzw. ein Gehaltsverzicht sich negativ auswirken kann, wenn im Anschluss an die Gehaltsabsenkung oder den Gehaltsverzicht das Arbeitsverhältnis beendet wird.
Bei der Berechnung z. B. von Arbeitslosengeld ist es nämlich so, dass lediglich das tatsächlich abgerechnete und dann auch ausgezahlte Bruttogehalt bei der Berechnung des Arbeitslosengeldes zugrunde gelegt wird. Entsprechendes gilt z. B. auch bei der Gewährung von Insolvenzgeld.
Beantragt der Arbeitgeber nämlich nach einem entsprechenden Gehaltsverzicht oder einer Gehaltsabsenkung dann doch die Insolvenz, so ist zwar grundsätzlich für die letzten drei Monate vor Beginn der Insolvenz der Arbeitnehmer über das sogenannte Insolvenzausfallgeld, welches von der Bundesagentur für Arbeit gezahlt wird, abgesichert. Dies wird allerdings auch nur in der Höhe gezahlt, wie es vertraglich vereinbart war. Hat man sich allerdings vorher auf eine Gehaltsabsenkung oder einen Gehaltsverzicht geeinigt, so gilt diese Einigung auch gegenüber der Bundesagentur bei der Berechnung von Insolvenzgeld.
Eine Gehaltsabsenkung oder ein Gehaltsverzicht sollte insofern aus Sicht des Arbeitnehmers möglichst vermieden werden.
4. Stundungsabreden
Möglich ist auch, dass ihr Arbeitgeber den Vorschlag einer Stundungsabrede macht. Damit wird die Fälligkeit der Lohnansprüche zeitlich nach hinten geschoben. Grundsätzlich ist eine Stundungsabrede für den Arbeitnehmer weniger gefährlich als die Gehaltsabsenkung oder der Gehaltsverzicht. Trotzdem liegt der Nachteil hier am fehlenden Zurückbehaltungsrecht des Arbeitnehmers.
Gerade die Arbeitsleistung kann oft als Druckmittel verwendet werden. Wird einer Stundungsabrede zugestimmt, so entfällt diese Möglichkeit bis zum vereinbarten Fälligkeitstermin.
5. Arbeitszeugnis
Wenn am Horizont des Arbeitsverhältnisses dunkle Wolken aufziehen, das heißt wenn der Arbeitgeber z. B. mit Lohn- und Gehaltszahlungen in Verzug ist und es so aussieht, als wenn dies zu einem Rechtsstreit zwischen den Arbeitsvertragsparteien führen kann, kann es ratsam sein, sich vom Arbeitgeber, bevor die Situation eskaliert, ein Zwischenzeugnis erteilen zu lassen.
Ein solcher Anspruch auf die Erteilung eines Zwischenzeugnisses kann sich auch z. B. aus einem Tarifvertrag ergeben, ein Zwischenzeugnisanspruch besteht allerdings regelmäßig dann, wenn besondere Umstände dies rechtfertigen. Solche Umstände können es z. B. sein, wenn der Arbeitgeber in finanzielle Schwierigkeiten gerät und der Arbeitnehmer sich nach einer neuen Stellung umsehen will.
Die Erteilung eines solchen Zwischenzeugnisses hängt aber regelmäßig vom Wohlwollen des Arbeitgebers ab. Vor diesem Hintergrund ist es ratsam, ein solches Zwischenzeugnis anzufordern, bevor es zu einem offenen Streit mit dem Arbeitgeber kommt, da man sich so des Wohlwollens des Arbeitgebers versichern kann.
6. Lohnklage oder nicht?
Schlussendlich muss der Arbeitnehmer sich überlegen, ob er den offenen Lohn gerichtlich durchsetzen will. Je nachdem, ob eine Verfallklausel vereinbart ist, ist es ggf. sogar innerhalb der Fristen der Verfallklausel zwingend erforderlich, eine Klage zu erheben, da ansonsten die Ansprüche des Arbeitnehmers verfallen.
Im Rahmen eines solchen Arbeitsgerichtsprozesses kommt es oft dazu, dass man einen Vergleich mit dem Arbeitgeber schließt. Einen solchen Vergleich nennt man auch Titel. Ein Titel kann auch ein Urteil sein. Aus so einem Titel kann man Vollstreckungsmaßnahmen einleiten, das heißt, wenn der Arbeitgeber, nachdem ein solcher Vergleich geschlossen wurde oder nachdem ein Urteil gesprochen wurde, nicht zahlt, kann man Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegenüber dem Arbeitgeber einleiten und sich so das Geld über den Gerichtsvollzieher holen.
Hat man einen solchen Titel in der Hand, so kann man daraus regelmäßig für sehr lange Zeiträume (bis zu 30 Jahren) die Zwangsvollstreckung betreiben.
Kann z. B. der Arbeitgeber jetzt im Moment gerade nicht zahlen, so kann es ja durchaus sein, dass er in ein paar Monaten oder in zwei Jahren wieder Geld hat.
Der Arbeitnehmer ist insofern, nachdem er den ihm zustehenden Lohnanspruch hat titulieren lassen, relativ gut abgesichert. Dies gilt allerdings nur, solange der Arbeitgeber nicht Insolvenz anmeldet.
Vor klageweiser Geltendmachung von Lohnansprüchen sollte man die Gesamtsituation im Detail prüfen und dann das Für und Wider einer solchen Eskalation im Rahmen des Arbeitsverhältnisses abwägen.
7. Zurückbehaltungsrecht
Eine weitere Möglichkeit des Arbeitnehmers auf den Arbeitgeber Druck auszuüben, wenn er das Gehalt nicht oder nicht vollständig zahlt, ist die Ausübung des sogenannten Zurückbehaltungsrechts. Hierbei droht der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber zunächst unter Setzung einer Frist an, dass er nicht mehr zur Arbeit kommt, wenn der Arbeitgeber seinen Zahlungspflichten nicht nachkommt. Diese Androhung ist zwingend erforderlich, da ein Zurückbehaltungsrecht in dieser Form auch ausdrücklich ausgeübt werden muss.
Kommt der Arbeitgeber dann seiner Lohnzahlungspflicht bis zum Ablauf der Frist nicht nach, so kann die Arbeit zunächst einmal zurückbehalten werden und auch das muss dem Arbeitgeber mitgeteilt werden.
Der Arbeitnehmer macht hier von seinem Recht Gebrauch, die Einrede des sogenannten nicht erfüllten Vertrages geltend zu machen. Diese Einrede, das heißt die Ausübung des Zurückbehaltungsrechts unterliegt allerdings dem Grundsatz von Treu und Glauben. Es darf sich daher weder um einen verhältnismäßig geringfügigen Entgeltrückstand handeln noch um eine nur kurzfristige Zahlungsverzögerung.
Kommt z. B. das Arbeitsentgelt schlicht und ergreifend einmal ein oder zwei Tage zu spät, so rechtfertigt dies sicherlich nicht die Ausübung eines Zurückbehaltungsrechts. Ein Rückstand des Arbeitgebers mit 60 % eines Monatsgehalts ist indessen als nicht mehr geringfügig anzusehen.
Vor der Ausübung eines solchen Zurückbehaltungsrechts sollten allerdings die Gesamtumstände im Detail überprüft werden.
Nur allzu schnell läuft der Arbeitnehmer nämlich bei der Ausübung eines Zurückbehaltungsrechts Gefahr, dass das Zurückbehaltungsrecht ggf. nicht besteht und der Arbeitnehmer dann unentschuldigt der Arbeit fernbleibt. Dies kann zu Abmahnungen und auch bis hin zum Ausspruch einer fristlosen Kündigung führen, weshalb vor Geltendmachung des Zurückbehaltungsrechts dringend angeraten wird, rechtlichen Rat in Anspruch zu nehmen und die Situation umfassend zu überprüfen.
Letztlich kann sich jeder auf den ersten Blick eindeutiger Fall als kompliziert und undurchsichtig entpuppen. Um Ansprüche zu sichern und nicht zu verlieren, ist so früh wie möglich ein Anwalt zu Rate zu ziehen und die Vorgehensweise interessengerecht herauszuarbeiten.