Kündigung in der Insolvenz

Trotz der Insolvenz des Arbeitgebers gilt der allgemeine und besondere Kündigungsschutz. Die Insolvenzordnung regelt allerdings Erleichterungen hinsichtlich der Kündigungsfrist (§ 113 InsO) und der Darlegungs- und Beweislast bei betriebsbedingter Kündigung (§§ 125 – 128 InsO).

Sowohl der Insolvenzverwalter als auch der Arbeitnehmer können das Dienstverhältnis mit einer Frist von drei Monate zum Monatsende kündigen, wenn nicht eine kürzere Frist maßgeblich ist, § 113 S. 2 InsO. Diese Kündigungsfrist gilt in der Insolvenz ohne Rücksicht auf eine vereinbarte Vertragsdauer, einen vereinbarten Ausschluss der Kündigung oder einer längeren Kündigungsfrist aus § 622 Abs. 2 BGB.

Die Erleichterung der Darlegungs- und Beweislast nach §§ 125 – 128 InsO kommen dem Insolvenzverwalter zugute, wenn es zu einer Betriebsänderung kommt. Dann kann der Insolvenzverwalter mit dem Betriebsrat einen Interessenausgleich schließen. In diesem Interessenausgleich werden die zu kündigende Arbeitnehmer namentlich genannt. Nach § 125 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 InsO wird dann vermutet, dass die Kündigung sozial gerechtfertigt ist. Weiter ist zu berücksichtigen, dass die Kündigung in der Insolvenz auch dazu genutzt werden kann eine ausgewogene Personalstruktur zu schaffen, § 125 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 InsO. Außerhalb der Insolvenz kann grundsätzlich nur die die vorhandene Personalstruktur erhalten werden und eben keine „Neue“ geschaffen werden.

Die Vermutung der sozialen Rechtfertigung der Kündigung führt dazu, dass die gerichtliche Prüfungsmöglichkeit eingeschränkt ist. Die Sozialauswahl kann im Hinblick auf die Kriterien des Alters, der Betriebszugehörigkeit, der Unterhaltsverpflichtung und der Schwerbehinderung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Eine grobe Fehlerhaftigkeit liegt insbesondere dann nicht vor, wenn eine ausgewogene Personalstruktur erhalten oder geschaffen wird.

Kommt mangels eines Betriebsrates oder aus anderen Gründen kein Interessenausgleich zustande, so kann der Insolvenzverwalter durch einen Antrag an das Arbeitsgericht feststellen lassen, dass die betriebsbedingte Kündigung sozial gerechtfertigt ist, § 126 Abs. 1 S. 1 InsO. Bei einer späteren Kündigungsschutzklage ist die Feststellung des Gerichts bindend.

Die oben genannte Vermutungswirkung und die eingeschränkte Prüfungsmöglichkeit als auch die Bindungswirkung der gerichtlichen Feststellung gelten nur so lange, bis sich die Sachlage nicht wesentlich geändert hat (§ 125 Abs. 1 S. 2, § 127 InsO). Eine wesentliche Änderung der Sachlage liegt beispielsweise vor, wenn die betriebsbedingte Kündigung wegen einer Betriebsstillegung ausgesprochen wurde, es dann aber aufgrund eines Erwerberkonzepts zu einem Betriebsübergang kommt. Folge einer nachträglichen wesentlichen Änderung ist, dass das Gericht ein vollumfängliches Prüfungsrecht hat.

Insolvente Unternehmen werden häufig aufgrund eines Erwerberkonzepts aufgekauft. Aus diesem Grund regelt § 128 Abs. 1 InsO, dass die §§ 125 – 127 InsO auch dem Betriebserwerber zugutekommen. Vom Wortlaut des § 128 InsO wird allerdings nicht die Kündigungsfrist des § 113 S. 2 InsO erfasst, sodass sich der Betriebserwerber nicht darauf berufen kann. Aus dem Erwerberkonzept hat sich auch die sog. Erwerberkonzeptkündigung bzw. Veräußererkündigung entwickelt.

 
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